Via Regia – Gedanken

Anreise/AbreiseAusrüstungDauer/EtappenErkenntnisseFilmeFotografieGegenargumenteJahreszeitKleidungKostenLandschaftenLeitspruch ILeitspruch IIMenschen am WegeMenschen zu HauseOrientierungOrtePilgerPilgerbierPilgerwagenPläneReligionSchuhe/FüßeStrukturTrampenWandernWegeWetter

An-/Abreise

Für die Anreise bot sich der Flixbus an (-> Kosten). Ich bin um Mitternacht in Siegen gestartet, hatte gegen 6:00 Uhr früh in Dresden einen Aufenthalt und bin gegen 9:00 Uhr nach Görlitz weitergefahren.

Die Rückreise von Bad Hersfeld per Flixbus habe ich erst gebucht, als ich eine gewisse Sicherheit hatte, meinen Zeitplan auch einhalten zu können.

Für die Rückreise bin ich von Vacha mit dem normalen ÖPNV-Bus bis nach Bad Hersfeld gefahren, dann gegen 18:00 Uhr mit Flix nach Frankfurt, Aufenthalt, danach Siegen. Exakt nach drei Wochen war ich wieder zu Hause. Zitat an Conni, meine Frau, „ist nicht so schlimm, wenn Du mich nicht abholst, dann laufe ich eben!“.

Ausrüstung

Wenn man den Eintrag „Kosten“ betrachtet, könnte man zum Ergebnis kommen, jeder kann Urlaub machen, es ist gar nicht teuer. Die Kosten der Ausrüstung sind allerdings nicht ganz unerheblich. Wie unter Pilgerwagen beschrieben, hatte ich eine Einrichtung, mit der ich mein Gepäck rollen konnte. Um meine Schlafapnoe im Griff zu behalten, habe ich mir auf eigene Kosten ein kleines und leichtes Gerät gekauft (ein Grund, immer ein Schlafplatz neben einer Steckdose zu suchen).

Da ich im Vorfeld nicht wusste, ob überall eine Kochgelegenheit besteht, hatte ich einen einfachen Spiritus-Kocher dabei um Kaffee zu kochen, eine Suppe warm zu machen und im schlimmsten Fall sogar einen Grog herzustellen (solche Fälle gab es tatsächlich!). Alle Gerätschaften waren aus Titan, wegen Gewicht und Stabilität. Spiritus kann man überall kaufen, Gaskartuschen eher nicht.

Für den Wassertransport habe ich ca. 1,5 l für einen Tag und eine Strecke von über 30 km kalkuliert. Dafür hatte ich drei 0,5 Liter-Flaschen, die ich bei kürzeren Strecken nur zum Teil befüllt habe.

Aus Gewohnheit benutze ich Trekking-Stöcke. Meine Stöcke sind von Leki. Sie bestehen aus Carbon, sind höhenverstellbar und lassen sich zusammenfalten. Die Unterstützung durch die Stöcke habe ich insbesondere bergauf und auf der langen glatten Geraden genossen. Bergab habe ich sie gelegentlich links getragen, wenn ich rechts den Wagen mit der Hand führen musste. Ich hätte auch die Möglichkeit gehabt, sie am Wagen anzuklippen, das aber nie genutzt. Für die Gummispitzen der Stöcke hatte ich Ersatz, da ich das harte Geräusch der Metallspitzen nicht besonders gut leiden kann.

Dauer/Länge der Etappen

Die Dauer der Reise folgte der Idee, dass ich die ganze Via Regia an einem Stück laufe. Der erste Vorschlag, den ich im Netz gefunden habe, machte Streckenvorschläge für 16 Etappen, im einzelnen bis rauf auf 53 Km/Tag. Joggen wollte ich nicht! Eine Einteilung für 19 Etappen fand ich dann okay und habe diese Strecken noch in der GPS-Software angepasst, will sagen, manche Strecken verkürzt oder verlängert. ein paar kürzere Etappen habe ich eingeplant, weil ich vorsorglich Zeit zur Erholung haben wollte. An den Endpunkten der jeweiligen Tagesetappen habe ich Unterkünfte gesucht, angerufen und gebucht. Das ist wohl nicht der Standard, aber ich wollte sicher sein bezüglich der Steckdose. Siehe auch Ausrüstung.

Die Dauer war für mich passend. Im Schnitte kürzere Strecken hätten mehr Freizeit gebracht, aber das wollte ich gar nicht. Die Dauer definiert letztendlich das Gepäck. Ich denke, mit meiner Ausrüstung hätte ich auch 6 Wochen oder mehr unterwegs sein können. Eine Woche unterwegs zu sein, hätte mich nicht gereizt. Andere Pilger praktizieren das so. 

Erkenntnisse

Ich habe für mich ein paar, nennen wir es Erkenntnisse, mitgebracht.

  • Meine gute Laune hat sich nicht reduzieren lassen (ausgenommen in Gotha) egal, ob es geregnet oder gestürmt hat oder ob ich den ganzen Tag alleine gelaufen bin.
  • Wenn ich in den Herbergen Gesellschaft im Mehrbettzimmer hatte, habe ich mich gefreut. Wenn ich das Zimmer für mich alleine hatte, habe ich mich auch gefreut! Ich finde das schön.
  • Eine Erfahrung, von der ich noch nicht so genau weiß, ob sie positiv oder eher negativ ist, habe ich unter dem Eintrag Struktur aufgeschrieben.
  • Unter Erkenntnisse möchte ich auch das einordnen, was sie unter Landschaften und unter Orte beschrieben habe.
  • Ich hatte viel Zeit, über Religion nachzudenken, was ich unter dem Begriff verstehe, und wie ich glaube, dass andere Menschen ihn verstehen. Auch dafür gibt es einen eigenen Absatz,
  • Erkenntnisse, die meine Sicht auf mein Leben grundsätzlich verändert haben, hatte ich allerdings nicht.

Filme, Kino

Vor der Wanderung haben mich die Filme interessiert, die sich mit dem Pilgern beschäftigen. Entdeckt habe ich so ca. 6 – 7 Filme. Besonders berührt hat mich der Film „Dein Weg“ mit Martin Sheen. Martin Sheen läuft den Weg spontan in Vertretung seines verunglückten Sohnes. Sehen Sie sich den Film doch bitte einmal an.

Fotografie

Auch wenn es schwer zu glauben ist – ich habe zum ersten Mal eine Camera für eine längere Reise genutzt, die ich als die „Mutter des Kompromisses“ bezeichne. Mich diesbezüglich zu committen, ist mir sehr schwer gefallen. Es wurde also die Panasonic TZ-101. Robust genug, akzeptables Tele (250 mm) und Weitwinkel (25 mm vergl. KB) mit 1″ Chip ausreichend scharf und mit ca 300 gr. wunderbar leicht. Die angebotenen Automatiken waren absolut funktional. (die Anleitung wiegt mehr als die Camera!

Auf das Sirui Stativ habe ich final doch verzichtet und habe nur ein FLM Tischstativ mit einem Gitzo Kopf mitgenommen (zus. 200 gr.).

Und immer dran denken (lt. Andreas Feininger) „mit Stativ ist fotografieren – ohne ist knipsen“!

Gefehlt hat mir meine Halterung für den Rucksackriemen von Peak-Design. Diese nicht mitzunehmen war richtig, da ich die gesamte Tour den Leichtrucksack getragen habe, der statt Riemen eher „Strapse“ hatte (trotzdem eine gute Lösung).

Da die Camera nicht wetterfest war, durfte sie bei schlechtem Wetter (=also häufig!) im Rucksack reisen. Dann habe ich mit dem Handy fotografiert. Das war als Doku okay, brachte aber die Nachteile mit sich, die ich für zwangsläufig halte.

Gegenargumente

Eine künstliche Hüfte, höherer Blutdruck, beide Schultern saniert, das Alter, maroder Reflux,  Faktor-V-Mutation, Plattfüße, Kurzsichtigkeit, schwarzer Humor, schlechtes Wetter, noch nie so weit gelaufen, Einsamkeit, Hunger, Durst, kein Fernseher. Haken dran!

Jahreszeit

Das Wetter auf meiner Pilgerreise habe ich täglich in der Chronologie der einzelnen Tage beschrieben. Die Jahreszeit war für mich vom Beginn der Planung gesetzt, warum auch immer. Falls ich die Via Regia in ein paar Jahren noch einmal laufen sollte, (sie ist so schön, das hat sie verdient!), dann würde ich das im Frühjahr tun. Wenn alles ans Blühen kommt, gäbe es noch einmal ganz andere Sichten. Beim Gedanken daran beginnt mein Auslösefinger schon zu zucken. Vielleicht wird man eine neue Reise zu dieser Jahreszeit völlig anders wahrnehmen (es sollten mehr Pilger unterwegs sein). Wenn man wärmere Tage erwartet, könnte auch das Gepäck knapper ausfallen.

Kleidung

Freude bereitete mir immer wieder die Kleidung, die ich zur Verfügung hatte. In meiner Generation wurden  diesbezüglich unglaubliche Fortschritte gemacht. Die heutigen Textilien bieten in Sachen Wetterschutz eine tolle Behaglichkeit bei Wind, Regen und Kälte . Auf einigen der Fotos können Sie sehen, wie ich mich ausgerüstet habe. Sie werden allerdings gewisse Ähnlichkeiten von Tag zu Tag feststellen!

Die Schildmütze kombinierte sich ganz wunderbar mit der Kapuze. Will sagen – die Mütze hielt die Kapuze bei starkem Wind und Regen in Position, ohne dass ich die Schnüre der Kapuze zu eng spannen musste. Das hätte ich als unangenehm empfunden, das wäre ohne die Mütze aber bei dem starken Wind unumgänglich gewesen. Ich hatte noch einen Trekkinghut mit großer Krempe im Gepäck. Der ist allerdings nicht zum Einsatz gekommen.

Die Jacke war perfekt, wasserdicht aber atmungsaktiv, hatte große Öffnungen mit Reißverschlüssen zur Lüftung unter der Achsel (wenn‘s warm wurde), wie schon beschrieben eine perfekte Kapuze und die Taschen waren so hoch angesetzt, dass man sie nutzen konnte wenn man einen Bauchgurt getragen hat.

Wenn es beim Start morgens schon in Strömen geregnet hat, bin ich mit dem Regenrock aus dem Haus gegangen. Die Idee, einen Rock statt einer Regenhose anzuziehen, ist relativ neu. Und einer Regenhose schwitzt man zu stark. Und eine Regenhose bei einsetzenden Regen auf dem freien Feld anzuziehen (2019 war ich 64 Jahre alt!) wäre in meinem Alter ein Fall für die versteckte Kamera. Das Ausziehen der Regenhose wahrscheinlich auch. Wenn sich jemand für einen Regenrock interessiert, sollte er alternativ auch nach dem Begriff „Rain Kilt“ googeln.

Die Beweglichkeit mit einem Regenrock fand ich hervorragend.

Bei starkem Regen sind die unteren Hosenbeine etwas nass geworden. Das Material der Hose war allerdings extrem schnell trocknend. Alternativ hatte ich noch Gamaschen mit dabei, die dieses Problem gelöst hätten, aber nicht zum Einsatz gekommen sind 

Das Thema Schuhe/Füße hat einen eigenen Absatz.

Als Unterwäsche habe ich relativ hochwertige Sportprodukte von Odlo getragen. Das entspricht dem sogenannten „Zwiebelprinzip“, das darauf basiert, dass durch verschiedene Schichten der Schweiß vom Körper weg nach außen transportiert wird. Daher ist es „ganz Innen“ immer schön warm. Ich hatte 2 + 1 Sätze Unterwäsche dabei und habe insbesondere darauf gesetzt, dass die Materialien unglaublich schnelltrocknend sind. Die Waschmaschine bestand aus einem Scruba-Washbag, der während des Wanderns die schmutzige Kleidung geruchsneutral aufgenommen hat und nach Ankunft in einer Herberge, die ordentlich befeuerte Heizkörper hatte, mit einem ordentlichen Schuss „Dr. Bronner“ die Sachen wieder zufriedenstellend gereinigt hat.

Die Merino Socken sind allerdings nicht schnell trocknend, würden aber immer wieder für eine solche Reise eingepackt werden.

„Dr. Bronner“ 18-1 (bitte mal googeln) hat mich sehr beeindruckt. Zwar ist mir nicht ganz klar, warum es nicht zum Autowaschen empfohlen wird (Scherz!), aber die meisten der 18 aufgeführten Einsatzmöglichkeiten kann ich bestätigen. Zum Zähneputzen allerdings würde ich nicht jede Geschmacksrichtung empfehlen. Vielleicht Peppermint. Insbesondere zum Naßrasieren von Bart und Haupthaar finde ich es mehr als angenehm. Falls Sie Ihren Hunde damit waschen wollen, würde ich empfehlen, sehr genau auf die Reaktion des armen Tieres zu achten! Bei Katzen eher noch intensiver.

Auch sehr nützlich – die Mini-Handtücher von Sea-to-Summit Airlite!

Kosten

Ich wollte die Kosten ganz bewusst klein halten. Siehe auch Leitspruch I. Das ergab sich zum Teil automatisch, weil ich die empfohlenen Pilgerherbergen genutzt habe. Diese waren teilweise einfach bis rustikal ausgestattet, wurden mit einer freiwilligen Spende gezahlt und hatten eine Ausstattung, mit der man sich eine warme Mahlzeit zubereiten und Kaffee oder Tee kochen konnte.

Wenn eine Pilgerherberge nicht zur Verfügung stand, habe ich mich an einfachen Pensionen, Ferienzimmern oder Hotels orientiert. Auch in den Hotels in den Orten, die die Via Regia berührt, gab es Pilgerzimmer mit etwas einfacher Ausstattung und mehreren Betten zu einem günstigen Preis. Gefühlt habe ich im Schnitt für die Übernachtung ohne Frühstück ca. 20 € bezahlt, mit Frühstück ca. 25 €.

Die An- und Abreise mit Bussen lag bei je 30 €. Wenn ich Gelegenheit hatte, mich abends selbst zu verpflegen, habe ich bei den bekannten Discountern eingekauft und lag bei ca. 5-7 Euro/Tag inklusive der Müsliriegel, Nussmischungen und Obst für das Mittagessen am nächsten Tag.

Landschaften

Siehe auch Orte. Vieles habe ich dort schon geschrieben.  Wunderschön. Weite Sichten, Seen, Teiche, Wälder. Es ist mir nicht langweilig geworden. Ich habe jeden Kilometer genossen! 

Leitspruch I

Downsize it. Der Begriff kommt aus dem amerikanischen und ich interpretiere ihn so, dass man in der Lage sein, sollte bestimmte Ansprüche „herunter zu fahren“. Ich umgebe mich gerne mit Technik, nutze sie auch, wie ich glaube, sinnvoll, und konnte mir kaum vorstellen, drei Wochen ohne einen Computer auszukommen. Konsequenterweise hätte man dann auch noch auf das Mobiltelefon verzichten sollen, aber das wäre mir dann zu intensiv. Das Handy war also mit und hat mir auch wirklich ausgereicht. Ich nehme an, ohne die Möglichkeit, mich erreichen zu können, hätte die Familie mich auch gar nicht ziehen lassen.

Das Ziel, die Ansprüche runter zu fahren, habe ich erreicht. Und – es hat nicht weh getan.

Bei dieser Form des Verzichtes muss natürlich jeder für sich entscheiden, wie lange er verzichten kann. Philosophisch ist es nicht ganz so relevant, weil man ja weiß, dass man in X Tagen wieder verfügen kann, im Warmen und im Trocknen ist.

Leitspruch II

Zugegeben – dieser Leitspruch ist vordergründig etwas scherzhaft. „Alle haben gesagt, das geht nicht, und dann ist Einer gekommen, der hat das nicht gewusst, und der hat es einfach gemacht!“

Diesen Spruch habe ich während meiner beruflichen Zeit in der IT-Branche öfters gehört. Man kann diesen Spruch hin und her drehen, ihn untersuchen und zur Erkenntnis kommen, dass man für bestimmte Challenges entweder sehr naiv oder sehr mutig sein muss, dass aber die Fähigkeit, ein Ergebnis zu erreichen, sich manchmal davon freimachen muss, der Meinung der Masse zu folgen.

Menschen am Wege

Damit meine ich die Menschen, die (Fortsetzung…….)

Menschen zu Hause

Bekannte, Freunde, fremde Menschen, mit denen sich ein Gespräch entwickelt hat, waren sehr unterschiedlich darüber informiert, dass Jakobswege gibt, dass es mehr als den einen gibt und dass man auch in der umgekehrten Richtung laufen kann (Scherz). Vor der Reise habe ich auch niemanden getroffen, der eine solche Wanderung gemacht hat.

Das Wissen über das Wandern auf Jakobswegen hat durch Bücher und Filme zugenommen. Ich bin ein wenig versucht, zu sagen,leider.

Es steht mir nicht zu, über die Motive anderer Menschen zu befinden. Für mich war entscheidend, dass ich den Weg in Ruhe gehen wollte, möglichst wissen wollte, wo ich abends übernachten kann und dass in Steckdosen in mein Bett finde. Die Entscheidung, die Via Regia zu laufen, war für mich absolut richtig, insbesondere auch den Weg im späten Herbst zu laufen. Jetzt, 14 Tage nach der Wanderung, habe ich das Gefühl, dass ich genau diesen Weg eher ein zweites Mal laufen würde als den Camino Frances.

Nach der Reise habe ich den Eindruck, dass viele das Ganze eher als eine sportliche Herausforderung betrachten. 500 km in 19 Tagen ist schon eine Hausnummer. Die Motive und Erkenntnisse einer solchen Wanderung nachzufragen und zu diskutieren, beschränkt sich eher auf Menschen, die einem nahe stehen, enge Freunde und Verwandte.

Orientierung

Bei der Orientierung habe ich technisch einen gewissen Aufwand getrieben. Ich hätte alle Tagesetappen auf meiner Uhr programmiert. Zusätzlich auf einem kleinen Garmin-GPS-Gerät. Sowohl die Uhr, wie auch das Gerät brauchen sehr, sehr wenig Strom. Ich hätte keine Landkarte dabei, wohl aber den Pilgerführer https://www.oekumenischer-pilgerweg.de/unterwegs/pilgerfuehrer.html.

Das navigieren ging wie folgt: die Uhr sagte mir, dass ich kurzfristig abbiegen müsste. An der Stelle suchte ich die Muschel und hab sie meistens auch gefunden. Wenn ich sie nicht gefunden habe, habe ich auf das Garmin Gerät geschaut, das final die Richtung gezeigt hat.

Ich habe gesehen, dass andere Pilger einfacher unterwegs waren und sich ausschließlich an der Muschel orientiert haben. Allerdings habe ich auch gesehen, dass man sich so auch verlaufen kann.

Als ich die Tour geplant habe, waren meine maximalen Wanderstrecken der Vergangenheit ca. 20-25 km weit. Da ich diesmal Strecken bis zu 35 km auf dem Plan hatte, hatte ich zu viel Sorge, dass die Kraft nicht ausreicht um noch 5 km für das Verlaufen drauf zu legen. Darüber hinaus finde ich es höflich gegenüber den Herbergseltern, am Nachmittag anzukommen und nicht am späten Abend oder nachts.

Zwei Schwierigkeiten mit der Navigation haben sich ergeben.

Zum Ersten dadurch, dass man die Programmierung für 19 Tage nicht zu Hause im Wohnzimmer ausprobieren/testen konnte. Dadurch entstand eine gewisse Unsicherheit, die dann aber vor Ort ausgeräumt wurde.

Zweitens versuchte ich innerhalb des Zielortes zu der Adresse meiner Unterkunft zu navigieren. Das hat sich als mehr oder weniger unmöglich herausgestellt, weil man erwartet, mit dem Wander-GPS genauso umzugehen wie mit dem Auto-GPS. Das liegt nicht am Gerät, sondern an den verfügbaren Karten (respektive den Daten der Karte im Hintergrund). Mehr wie eine Luftlinie zum Ziel sollte man gar nicht erst probieren. Ein richtiges Routing auch in sehr kleinen Orten ergab bis zu 2 Km Umwege. In diesem Fall war das Mobiltelefon, dessen Akku für einen ganzen Tag nie ausgereicht hätte, deutlich besser geeignet.

Orte

Die Orte, durch Dich gekommen bin, sowohl die großen wie die kleinen, finde ich wunderschön. Die aufwendig renovierten Gebäude in den Städten, die kleineren Wohnhäuser, die mit wechselnden Pastellfarben gestrichen wurden und sogar dazwischen immer wieder die Gebäude, die noch nicht renoviert worden und vielleicht auch nie renoviert werden.

Die Dörfer mit den Teichen, mit den alten herrschaftlichen Höfen, die Grundstücke mit so viel Raum haben bei mir ein wenig Scham ausgelöst, dass ich mir in der Vergangenheit noch nie Zeit genommen habe, diese für mich immer noch fremden Bundesländer in Ruhe zu durchqueren und vielleicht Motive für meine Camera zu suchen.

Vielleicht habe ich mir auch nicht durch Zeit genommen, solche Standbilder hier in dem Teil von Deutschland wahrzunehmen, den ich als Heimat betrachte, aber die Sichten und Gefühle sind völlig andere.

Ich würde mir wünschen, das etwas davon  in meinen Fotos sichtbar wird.

Jetzt, noch so frisch nach der Wanderung trage ich immer noch das Bedürfnis in mir, als nächstes mit einer größeren Fotoausrüstung und Stativ zum Fotografieren zurückzukommen.

Das wird dann allerdings mit irgendeinem Fahrbarem passieren, ansonsten müsste ich mir noch einen Anhänger für den Pilgerwagen ausdenken.

Pilger

Die Menschen, die gleichzeitig mit mir auf der Via Regia unterwegs waren, konnte ich alle gut leiden. Ich bin nicht sicher, ob das Alles nur dem Umstand zuzuschreiben ist, dass sie gepilgert sind. Das wäre zu einfach, weil allein die Gestaltung des Weges/der Etappen sehr individuell war. Norbert ist im Jahr nach seiner Berentung den Jakobsweg ab Aachen bis nach Santiago de Compostella gpilgert. Jetzt war er mit seinen Enkelinnen unterwegs, für eine gute Woche. Mit kürzeren Etappen.

Reinhild hat ein Sabbatical genommen und möchte viel sehen in dieser Zeit. Sie kam aus Richtung Berlin, ist auf dem Jakobsweg ‚eingeschwenkt‘ und weiter Richtung Vacha unterwegs gewesen. Sie hat in Eisenach unterbrochen, eine andere Reise unternommen und will im Januar den Rest laufen. Brrrrr! Die Heizung war nicht unbedingt das herausragende Prädikat der Herbergen. By the way -Reinhild war die Schnellste!

Fast alle anderen waren Tages- oder Wochenpilger, die versuchen, jedes Jahr ein Stück zu laufen. Nach 10 bis 15 Kilometer (wie’s kommt) sucht man sich ein Quartier und erholt sich. Das ist sicher eine andere, genau so legitime Methode, auf der Via Regia unterwegs zu sein. Ich würde dabei vor überschüssiger Energie platzen. Ich wünsche mir, dass meine Gesundheit das noch ein paar Jahre mitmacht.

Pilgerwagen

der Pilgerwagen, Wanderwagen oder auch Rucksackwagen hat hier eine ganz eigene Seite bekommen.

Pilgerbier

Letztes Wochenende habe ich in der Werbung das Paderborner Pilgerbier gefunden. Da ich glaube, jetzt auch das Recht erworben zu haben, Pilgerbier zu trinken, habe ich einen Kasten gekauft und probiert.

Nein, ich werde nicht von der Brauerei gesponsert aber das Bier finde ich unheimlich lecker, es ist mild, naturtrüb und süffig. Eigentlich als Gag gedacht beweist es, dass die Offenheit für Neues häufig belohnt wird. Prost! Kommt zu mir, meine Freunde und stoßt mit mir an.

Pläne…

….zum weiteren Pilgern, heute, am 14.11.2019 konkret keine. Aber Irgendetwas steckt in mir drin. Noch ganz klein. Mal schauen, ob es Pilgerwege mit einer ähnlich gut strukturierten Infrastruktur gibt. Wenn Sie einen kennen, schreiben Sie mir.

Ich würde auch die Via Regia noch mal laufen. Vielleicht im Frühling. Nächstes Jahr ist noch zu früh. Aber vielleicht dann. Zum Laufen an sich gibt es Alternativen.

Religion

Schuhe/Füße

Die richtigen Schuhe auszusuchen, halte ich für ein schwieriges Unterfangen. Ich kann mir nicht recht vorstellen, dass man tatsächlich in der Lage ist in einem Schuhgeschäft (die häufig vorzufinden Brückchen mit den eingebauten Kieselsteinen amüsieren mich besonders) die Entscheidung zu treffen ob der Schuh mich über 500 km weg schmerzfrei begleiten möchte. Die üblichen Tricks, zu wissen ob man morgens oder abends Schuhe kauft (die Füße werden abends größer) sind hinreichend im Internet zu finden.

Für mich sind zwei Sachen wichtig: ich bleibe bei einem Hersteller, mit dessen Schuhen ich schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht habe. In meinem Fall ist das Lowa. Ich hoffe, das Lowa für die Konzeption der Schuhe denselben „Leisten“ verwendet. Der passt zu meinen Füßen.

Um das aber herauszufinden, müssen sie die Schuhe vorab reichlich einlaufen. Oder eben Ihre Füße! In meinem Fall haben meine Schuhe schon ein paar 100 km hinter sich gehabt.

Die Socken sind wichtig, ich schätze es, wenn sie einen hohen Anteil an Merino-Wolle aufweisen. Es riecht dann auch weniger.

Ganz wichtig: retten Sie Ihre Füße geschmeidig. Mir hilft dazu ein Produkt, dass sich „Hirschtalgcreme“ nennt (ich hoffe immer noch, dass da kein Hirsch drin ist!). Mit dieser Creme habe ich morgens und abends die Füße eingecremt und es bereits Wochen vorher. Da ich in diesem Jahr über 1.000 km gelaufen bin, kann ich mich nicht dran erinnern, die Cremerei jemals eingestellt zu haben. Eine Tube hat übrigens für die drei Wochen ausgereicht, ich hätte allerdings auch unterwegs Nachschub bekommen.

Struktur

Unter Struktur möchte ich ein Gefühl beschreiben, dass sich insbesondere in den ersten Tagen nach der Wanderung hatte und bei dem ich nicht sicher bin, ob ich‘s wirklich haben möchte.

Struktur bedeutet, dass ich es vermisst habe, nicht wieder diesen festen Lebensrhythmus zu haben, den ich bei der Wanderung hatte. Ich bin jeden Morgen um 7:00 Uhr aufgestanden, habe mich gewaschen, habe meine Sachen wieder ordentlich verstaut, den Wanderwagen gepackt und mich um mein Frühstück gekümmert. Dann habe ich mein Unterkunft aufgeräumt, geprüft, dass nichts liegen geblieben ist und mich dem Wetter entsprechend angezogen. Spätestens um 8:30 Uhr war ich wieder unterwegs. Gerne und lustvoll!

Das ist wie Arbeiten. Dabei hatte ich mich so gefreut, berentet zu sein. Brauche ich eine solche Struktur? Ich würde sagen Nein, das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass ich mich als Rentner anders organisieren muss. Will sagen, dass ich mir vornehmen muss, jeden Tag ein Projekt, eine Reparatur, eine Renovierung eine Pflege von irgendwas durchzuführen. Das muss nicht so intensiv sein, wie zu der Zeit, als man 40 Stunden gearbeitet hat und an den verbleibenden Tagen Sachen dringend bearbeiten musste.

Wahrscheinlich ist es gar keine schlechte Sache, die Wanderung hier auf dieser Website zu beschreiben.

Trampen

Nein, getrampt habe ich nicht! Aber ich habe es mehrfach erlebt, dass Herbergseltern mir angeboten haben, mich bei Sauwetter mit dem Auto zur nächsten Station zu fahren. Desgleichen mit Autofahren, die gerade neben ihrem Auto standen. Alle diese Angebote habe ich lachend mit dem nach oben gerichteten Zeigefinger abgelehnt, „dass das so nicht vereinbart ist!“. Darauf konnte ich mit fremden Menschen so herzhaft darüber lachen, dass das zu den Erlebnissen gehört, die ich mit Sicherheit von dieser Wanderung mitnehmen werde!

Wandern

Wenn es nur (oder im Wesentlichen) darum geht, zu laufen (hier, ich) dann geht es auch eine Nummer kleiner. Wir leben hier im Siegerland in einer wunderschönen Gegend. Wenn ich die Startpunkte einer Tages-Wanderung innerhalb eines Umkreises von 20 Km plane, kann ich die nächsten 20 Jahre jeden Tag eine neue, landschaftlich schöne Strecke laufen. Mehr geht nicht.

Voraussetzung: noch mehr Routine mit dem GPS. Bekomme ich hin. Vielleicht gehe ich dann mal zur VHS und frage, ob da vielleicht noch mehr Leute Interesse haben. Wandern soll angeblich unheimlich im Kommen sein. Fitte Menschen meines Altern auch!

Die Wanderwege, die nach aktuellen Normen geplant wurden (siehe auch die „Wanderbibel“ von Mario Ludwig) lassen häufig die Infrastruktur für eine Langstreckenwanderung vermissen. und wenn ich einen Huni plus Einzelzimmerzuschlag zahlen soll, kann ich nicht schlafen! Zumindest nicht gut.

In 2019 bin ich mehrfach mit dem Wohnwagen weggefahren, z.B. Winterberg oder an den Rhein, und habe täglich eine 20 Kilometrige Tageswanderung gemacht. Und wenn es geziept hätte, hätte ich noch die Fahrräder dabei gehabt. Das ist viel Komfort für kleines Geld. Und Kontakt zu anderen Menschen genau so viel, wie ich es gerade möchte. Das differiert schon mal!

2020 werde ich versuchen, Wege zu finden, die von Jugendherberge zu Jugendherberge führen. Falls mich kein anderer Jakobsweg anspringt!

Wege

Was soll ich sagen? War alles dabei. Auf einer anderen Website las ich einen Kommentar, dass dem Pilger zu viele Teer unter den Füßen war. Mit dem Wanderwagen war es mir recht.

Die Via Regia ist ein historischer Handelsweg. Ich mag nicht final behaupten, dass die Orte/Städte an den Weg gebaut wurden, oder der Weg den Orten folgte. Aber das ist eben so, wenn man wandern will, gibt es viele Möglichkeiten. (By the way – warum haben eigentlich die Kölner den Dom gleich neben den Bahnhof gebaut?)

Es gab Schotter, Waldwege mit üppig Wurzeln, Kopfsteinpflaster (armer Wanderwagen), Matsch, Trampelpfade, seltsame Hindernisse im Weg, wie Eisen, die bergab mal Stufen gehalten haben. Die Stufen waren nicht mehr da, die Eisen aber schon. Ich fand das brandgefährlich. An den Stellen, an denen das vorkam, war der Boden auch noch rutschig.

Das Einzige, was mich wirklich tangierte, waren die Feldwege ab Leipzig. Purer Lehm. Was hätte man daraus nicht alles töpfern können. Die Traktoren (Riesentraktoren!) hatten die wege von einem Feldweg zu einer Panzerstraße geadelt. Es gab kein Entkommen. Es rutschte, glitschte und klebte an mir und an den Rädern. Wenn viele Wanderer unterwegs gewesen wären, hätte sich Thüringen anzunehmend pro Woche 10 m nach Westen bewegt.  Zumindest die thüringische Scholle (nein, das ist kein Fisch!).

Wetter

Das Wetter war genau so, wie ich (und meine Frau) es mir gedacht hatte. Der Wunsch, viel Zeit für mich zu haben, ist in Erfüllung gegangen. Den Sturm hätte ich nicht haben müssen, auch nicht den Platzregen in Gotha, aber alles Andere war mehr als erträglich. Wenn Sie es genauer wissen wollen, lesen Sie die Chronik der einzelnen Tage. Ansonsten hat die Kleidung gestimmt. Vielleicht schauen Sie auch bei Jahreszeit.

Herzlich willkommen